Die Kirche „Zum Guten Hirten“
Als die Gast-Konfirmanden den hellen Kirchenraum betreten, äußert einer der Jugendlichen spontan: „Die ist aber modern.“ Nun gut, in Anbetracht so vieler mittelalterlicher Gotteshäuser mag das stimmen. 1910 wurde der Grundstein des Kirchengebäudes „Zum Guten Hirten“ gelegt, zwei Jahre später die Kirche geweiht. Über die Jahrzehnte hat sich der Innenraum der Kirche deutlich verändert. Der Rotenburger Kirchenmaler Rudolf Schäfer (1878 – 1961) erhielt einst den Auftrag, den Altarbereich mit Wandmalereien reich zu illustrieren. Bis zum Tonnengewölbe reichten die zur Meditation anregenden Darstellungen hinauf. Davon ist nach Renovierungsarbeiten in den 1960er Jahren nur wenig erhalten geblieben. Lediglich das Altarbild – ein Triptychon, das die Geburt Jesu, die fünf klugen Jungfrauen sowie die Emmaus-Jünger darstellt – das Kruzifix und das Fenster an der Südseite der Kirche sind aus dem Pinselstrich Schäfers noch zu sehen. Ansonsten strahlen helle Wände und die in 2014 neu angeschafften Stühle vermutlich die Moderne aus, die der junge Gast empfand.
Der Name „Zum Guten Hirten“ beruht übrigens auf dem Bibelvers aus Johannes 10, 27f:
„Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.“
2002 entwarf und webte der Oberndorfer Künstler Raimund Adametz passend für die Kirche einen großen Wandteppich mit der Darstellung des „Guten Hirten“.
Platz der Ruhe
Ein Friedhof umgibt das Kirchengebäude. An der Apsis befindet sich die Grabstätte Rudolf Schäfers. Ein steinernes Mahnmal westlich der Kirche erinnert an jene 547 Menschen mit Behinderung, die der Vernichtung so genannten „lebensunwerten“ Lebens durch den Nationalsozialismus in den Jahren 1933 bis 1945 zum Opfer fielen. Die Gräber der verstorbenen Diakonissen und Bewohner der Rotenburger Werke umgeben die Kirche.
Die heutige Gemeinde stellt sich recht bunt dar: Gehören doch Bewohnerinnen und Bewohner der Rotenburger Werke, einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, und die Schwestern sowie Mitarbeitende des Evangelisch-lutherischen Diakonissen-Mutterhauses Rotenburg zur Kirchengemeinde „Zum Guten Hirten“.
Neben regelmäßigen sonntäglichen Gottesdiensten (immer sonntags um 10.30 Uhr) sowie Festveranstaltungen zu besonderen Anlässen, wie Chefarzteinführungen des AGAPLESION DIAKONIEKLINIKUMS ROTENBURG, Pastoren-Ordinationen, Schul – Gottesdiensten oder Trauerfeiern, bietet die Kirche mehr und mehr einen Ort der Kultur. Theater, Musicals, Konzerte sind hier zu erleben, die vor allem von Auszubildenden der benachbarten Fachschulen des Diakonissen-Mutterhauses in pädagogischer Zusammenarbeit mit den Rotenburger Werken realisiert werden. So gesehen ist es also doch auch eine ziemlich moderne Kirche.